Wenn zwei Radfahrer beim Überholen zusammenstoßen

(verpd) Ein Fahrradfahrer, der auf einem Radweg einen sichtlich unsicher fahrenden Radler überholt, muss sich in der Regel ein Mitverschulden anrechnen lassen, wenn es beim Überholen zu einem Unfall kommt. Das hat das Oberlandesgericht Oldenburg mit einem veröffentlichten Urteil entschieden (Az.: 2 U 121/21).

Ein Mann war mit seinem Fahrrad auf einem innerstädtischen Radweg unterwegs. Aus der Einfahrt eines Häuserblocks kommend, bog vor ihm ein anderer Radler mit seinem Velo auf den Weg ein, um in die gleiche Richtung zu fahren. Weil der Einbiegende langsam und unsicher fuhr, setzte der andere wenig später zum Überholen an. Das sollte sich als Fehler erweisen. Denn genau in diesem Augenblick machte der andere Radfahrer einen großen Schlenker nach links. Dabei kam es zu einer Kollision der beiden Radler.

Der Überholende stürzte zu Boden und verrenkte sich eine seiner Schultern. Er zog sich außerdem einen Sehnenabriss zu. An einen zweitägigen Krankenhausaufenthalt schloss sich ein langwieriger Genesungsprozess einschließlich einer Physiotherapie an. Der Mann, der überholt hatte, verklagte den anderen Fahrradfahrer daher auf Zahlung von Schadenersatz sowie eines Schmerzensgeldes.

Ausreichend Platz zum Überholen

Das in erster Instanz mit dem Fall befasste Oldenburger Landgericht hielt die Klage für unbegründet. Es war der Meinung, dass der Kläger den Beklagten nicht hätte überholen dürfen. Denn es habe keine Möglichkeit bestanden, auf dem Radweg einen erforderlichen Sicherheitsabstand von 1,5 bis zwei Metern einzuhalten. Der Kläger habe sich die Folgen seines Sturzes daher selbst zuzuschreiben.

Dieser Argumentation wollte sich das von dem Kläger in Berufung angerufene Oberlandesgericht der niedersächsischen Stadt nicht anschließen. Es hielt die Klage für zumindest teilweise begründet. Nach Ansicht des Berufungsgerichts setzt ein Überholen auf einem Radweg nicht generell voraus, dass der von der Vorinstanz geforderte Sicherheitsabstand besteht. Denn das würde bedeuten, dass sich Fahrradfahrer auf Radwegen so gut wie nie überholen könnten. Es komme daher auf die Umstände des Einzelfalls an.

In dem entschiedenen Fall sei der Radweg nur optisch von einem parallel verlaufenden breiten Fußweg abgegrenzt gewesen. Es habe folglich ausreichend Platz für ein Überholmanöver bestanden.

Überholenden trifft Mitverschulden

Durch seinen Linksschwenk habe der Beklagte gegen das Rücksichtnahmegebot von Paragraf 1 StVO (Straßenverkehrsordnung) verstoßen. Danach müssten sich Verkehrsteilnehmer so verhalten, dass kein anderer gefährdet oder behindert werde. Dem Mann sei daher ein Verschulden am Zustandekommen des Unfalls anzulasten.

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts trifft den Kläger jedoch ein hälftiges Mitverschulden. Denn die unsichere Fahrweise des Einfahrenden sei für ihn erkennbar gewesen.

Darauf habe er sich bei seinem Überholmanöver offenkundig nicht ausreichend eingestellt, zum Beispiel, indem er den Beklagten durch Klingeln gewarnt hätte.

Uneinheitliche Rechtsprechung

Wäre der Fall vor dem Karlsruher Oberlandesgericht verhandelt worden, hätte der Kläger möglicherweise keinen Teilerfolg erzielt. Denn in einem Beschluss vom 30. Mai 2016 kam das Gericht zu einem anders gelagerten Ergebnis. Hier hieß es, dass dann, wenn auf einem Radweg ein Überholen mit ausreichendem Seitenabstand nicht möglich ist, der schnellere Radler gegebenenfalls darauf verzichten muss, an dem Vorausfahrenden vorbeizufahren.

Das ergebe sich aus Paragraf 5 Absatz 4 Satz 2 StVO. Danach seien Verkehrsteilnehmer grundsätzlich dazu verpflichtet, beim Überholen einen Sicherheitsabstand einzuhalten, der eine Gefährdung anderer ausschließt.

Das gelte auch im Verhältnis zwischen zwei Fahrradfahrern. Zwar gebe es keine festen Regeln, welcher Abstand ausreichend ist. Ein überholender Radler müsse aber mit mehr oder weniger unvermeidbaren Schwankungen eines Vorausfahrenden rechnen.

Wer bei einem Unfall verletzt wird

Nicht immer haften andere für die gesundheitlichen Folgen eines Unfallverletzten im vollen Umfang, wie die Rechtsprechung zeigt. Um dadurch nicht auch noch in finanzielle Schwierigkeiten zu kommen, ist eine private Vorsorge wichtig. Denn in der Regel reichen die gesetzlichen Absicherungen durch die Sozialversicherungen nicht aus, um mögliche finanzielle Mehrkosten oder Verdienstausfälle auszugleichen.

Sollten aufgrund einer unfallbedingten Behinderung Umbaumaßnahmen an der Wohnung notwendig werden, kann dies zum Beispiel mit einer in der privaten Unfallversicherung vereinbarten Invaliditätssumme finanziert werden.

Führt ein Unfall, aber auch eine Krankheit dazu, dass der Beruf auf Dauer nicht mehr ausgeübt werden kann, lassen sich die dadurch verursachten Einkommenseinbußen durch eine Berufsunfähigkeits-Versicherung ausgleichen. Ein Versicherungsexperte berät, wie eine bedarfsgerechte Absicherung erreicht wird.

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