Warum der gesetzliche Unfallschutz für Kinder nicht ausreicht

(verpd) Kinder stehen in der Regel nur bei Schul- oder Schulwegunfälle sowie bei Unfällen in einer Kindertageseinrichtung und auf dem Hin- und Rückweg dorthin unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Allerdings reichen die entsprechenden Versicherungsleistungen insbesondere bei Unfällen mit bleibenden Folgen nicht aus, um beispielsweise im Erwachsenenalter ein ausreichendes Einkommen zu gewährleisen, damit man nicht auf die Sozialhilfe angewiesen ist.

Die gesetzlichen Unfallversicherung leistet für einen Unfall eines Kindes in der Regel nur, wenn sich dieser im Kindergarten, in der Krippe, im Hort, in der Schule oder Hochschule oder auf dem Hin- und Rückweg von zu Hause bis dorthin ereignet hat. Doch auch hier gibt es Ausnahmen: Wenn beispielsweise ein Kind auf dem Weg von der Schule nach Hause, den Schulweg verlässt, um einkaufen zu gehen, und dabei verunfallt, entfällt der gesetzliche Unfallschutz.

Keinen gesetzlichen Unfallschutz gibt es zudem für alle Freizeitunfälle, beispielsweise auf dem Weg zu Freunden, auf dem Spielplatz oder auch zu Hause, die statistisch zu den häufigsten Unfällen gehören. Aber selbst, wenn ein Unglück durch die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert ist, sind die entsprechenden Versicherungsleistungen, insbesondere bei schweren Unfallfolgen wie einer dauerhaften Invalidität, nicht ausreichend.

Weitere Informationen, wann Kinder gesetzlich unfallversichert sind, enthält das Webportal der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV).

Auch Rentenleistungen sind möglich

In der Regel übernimmt die gesetzliche Unfallversicherung nach einem versicherten Unfall die Kosten für notwendige medizinische Behandlungen und Reha-Maßnahmen. Das Ziel dabei ist nach Angaben der DGUV, dem verunfallten Kind eine allgemeine Schulbildung sowie eine angemessene Berufs- oder Erwerbstätigkeit zu ermöglichen.

Bleibt ein Kind aufgrund eines versicherten Unfalles 26 Wochen nach dem Versicherungsfall immer noch gesundheitlich eingeschränkt und besteht deswegen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 Prozent, steht ihm zudem eine gesetzliche Unfallrente zu.

Allerdings richtet sich diese Rentenhöhe bei Kindern und Jugendlichen nicht nach dem tatsächlichen Bedarf, sondern ergibt sich aus dem festgestellten unfallbedingten Grad der Erwerbsminderung und einem je nach Alter des Kindes vorgegebenen Jahresarbeitsverdienst (JAV). Die gesetzlichen Vorgaben hierzu sind die §§ 56 und 85 SGB VII (Siebtes Sozialgesetzbuch).

Bei einer 100-prozentigen Erwerbsminderung berechnet sich die Höhe der sogenannten Vollrente der gesetzlichen Unfallversicherung aus maximal zwei Drittel des JAV. Liegt die Erwerbsminderung ab 20 Prozent und unter 100 Prozent, wird eine Teilrente bezahlt. Diese errechnet sich aus dem Grad der Erwerbsminderung und der Vollrente.

Rentenhöhe …

Der für die Rentenberechnung zugrunde liegende Mindest-JAV hängt von der Bezugsgröße und dem Alter des Kindes ab. Die Bezugsgröße ist ein Wert der Sozialversicherung, der auf Grundlage des Durchschnittsentgeltes der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr ermittelt wird.

Für 2023 liegt die monatliche Bezugsgröße in den alten Bundesländern bei 3.395,00 Euro (40.740,00 Euro im Jahr) und in den neuen Bundesländern bei 3.290,00 Euro (39.480,00 Euro im Jahr). Gemäß Paragraf 85 SGB VII beträgt der JAV für die Rentenberechnung der gesetzlichen Unfallversicherung für Kinder unter sechs Jahren 25 Prozent der Bezugsgröße und für sechs- bis 14-jährige Kinder sind es 33 1/3 Prozent der Bezugsgröße.

Bei den 15- bis 17-jährigen Kinder gilt ein Mindest-JAV von 40 Prozent der Bezugsgröße. Bei 18- bis unter 25-Jährigen entspricht der vorgegebene Mindest-JAV 60 Prozent der Bezugsgröße, bei 25- bis unter 30-Jährigen sind es 75 Prozent der Bezugsgröße und bei ab 30-Jährigen 100 Prozent der Bezugsgröße.

Im Webportal des DGUV ist eine Übersicht der möglichen Verletztenrenten gestaffelt nach Alter und Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) für Kinder und Jugendliche in West- und Ostdeutschland im PDF-Format online abrufbar.

… je nach Alter

Ein unter sechsjähriges Kind erhält in Westdeutschland bei einer dauerhaften 100-prozentigen Minderung der Erwerbsfähigkeit durch einen versicherten Unfall maximal eine monatliche gesetzliche Unfallrente von aktuell 565,83 Euro in West- und 548,33 Euro in Ostdeutschland. Bei einem Sechs- bis 14-Jährigen beläuft sich die Vollrente in den alten Bundesländern auf 754,44 Euro und in Ostdeutschland auf 731,11 Euro.

Ist ein Kind zwischen 15 und unter 18 Jahre alt, beträgt die Vollrente in Westdeutschland 905,33 Euro und in den neuen Bundesländern 877,33 Euro, sofern das verunglückte Kind nicht bereits einen Jahresverdienst hatte, der über der Mindest-JAV liegt.

Schüler und Studenten ab 18 bis unter 25 Jahren können, sofern ihr bisheriges Einkommen nicht über dem Mindest-JAV lag, mit einer Vollrente von 1.358,00 Euro in West- und 1.316,00 Euro in Ostdeutschland rechnen.

Bei den 25- bis unter 30-jährigen Schüler und Studenten beträgt die Vollrente 1.697,50 Euro in West- und 1.645,00 Euro in Ostdeutschland. Ist ein 17-Jähriger nicht zu 100 Prozent, sondern zu 50 Prozent erwerbsgemindert, beträgt die Verletztenrente in Westdeutschland zum Beispiel 452,67 Euro und in Ostdeutschland 438,67 Euro.

Hohe Einkommensdifferenz

„Bei jüngeren Berechtigten wird der Mindest-JAV bei Erreichen der genannten weiteren Altersstufen jeweils neu festgesetzt“, wie die DGUV betont. Damit steigt die Verletztenrente je nach aktuellem Alter an, wenn sich der versicherte Unfall vor dem 30. Lebensjahr ereignete und das Einkommen des Verunfallten damals unter der Mindest-JAV lag.

Ab dem 30. Lebensjahr erhalten somit Betroffene, die vor dem 30. Geburtstag verunfallten, eine Unfallrente von 2.263,33 Euro in West- und 2.193,33 Euro in Ostdeutschland, wenn diese sich nach dem Mindest-JAV richtet – bei einer vorliegenden Hochschul- oder Fachhochschulreife sind es 20 Prozent mehr.

Zum Vergleich: Das Durchschnitts-Bruttoeinkommen eines Arbeitnehmers ist deutlich höher. Laut Daten des Statistischen Bundesamtes verdiente im April 2023 ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer im Schnitt in den alten Bundesländern rund 4.105 Euro ohne Sonderzahlungen, was einem Nettoeinkommen zwischen 2.600 Euro und 3.000 Euro entspricht.

Die Einkommensdifferenz zur gesetzlichen Unfallrente für Betroffene, die als Kind verunfallt sind, gegenüber einem Vollzeitbeschäftigten, kann im Erwachsenenalter damit enorm hoch sein.

Rundumschutz ist möglich

Sie gesetzliche Unfallversicherung gewährleistet somit weder bei der Art der versicherten Unfälle noch beim Versicherungsumfang einen umfassenden Schutz für Kinder. Diese Absicherungslücken lassen sich mit Absicherungslösungen der privaten Versicherungswirtschaft schließen.

Die private Unfallversicherung bietet beispielsweise einen weltweiten Schutz, der rund um die Uhr gilt – also egal, ob sich der Unfall in der Schule, im Beruf oder in der Freizeit ereignet hat. Zudem können die Versicherungsleistungen wie eine Kapitalsumme und/oder Rentenzahlung bei Invalidität in einer gewünschten Höhe vereinbart werden. Damit lässt sich sicherstellen, dass ein unfallbedingt dauerhaft erwerbsgemindertes Kind auch im Erwachsenenalter über ein ausreichend hohes Einkommen verfügt.

Optional können oftmals zusätzliche Leistungen wie Bergungs- und Suchkosten, ein Krankenhaustagegeld und/oder kosmetische Operationskosten in der Unfallpolice mitversichert werden. Es gibt außerdem Versicherungslösungen für Kinder, die nicht nur bei einer unfallbedingt eintretenden Invalidität und/oder Erwerbsminderung, sondern auch wenn eine Krankheit diese Folgen verursacht haben, eine finanzielle Absicherung bieten.

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