Unfallursache: abgewürgter Motor

(verpd) Ein Autofahrer fuhr auf das Vorderfahrzeug auf, dessen Fahrerin unmittelbar nach dem Start an einer Ampel ihren Motor abwürgt hatte. Für den dadurch entstandenen Schaden haften beide Beteiligten je zur Hälfte. Das hat das Amtsgericht Berlin Mitte kürzlich entschieden (113 C 245/21 V). Im gleichen Gerichtsverfahren entschieden die Richter zudem, ob es zumutbar ist, dass ein Unfallbeteiligter sein beschädigtes Auto an einer von seinem Wohnort weiter entfernten Werkstatt reparieren lassen muss, nur weil diese günstiger ist als eine ortsnahe.

Eine Frau hatte mit ihrem Pkw zunächst an einer auf Rot zeigenden Ampel gehalten. Als es grün wurde, fuhren sowohl sie als auch der hinter ihr befindliche Mann mit ihren Autos an.

Kurz nach dem Anfahren würgte die Frau jedoch den Motor ihres Autos ab. Damit hatte der Hintermann nicht gerechnet, so dass er auffuhr.

Eklatanter Fahrfehler

Die Vorausfahrende ging von einem klassischen Auffahrunfall auf. Sie forderte daher von dem Kfz-Haftpflichtversicherer des Hintermanns, ihr 100 Prozent ihrer unfallbedingten Aufwendungen zu ersetzen und verklagte den Auffahrenden entsprechend.

Zu Unrecht, urteilte das Amtsgericht Berlin Mitte. Es ging von einer Schadenteilung aus. Anders, als bei einem klassischen Auffahrunfall sei von keinem Anscheinsbeweis zu Lasten des Auffahrenden auszugehen. Denn die Klägerin habe ihr Fahrzeug nicht verkehrsbedingt abgebremst. Ihr Pkw sei vielmehr deswegen abrupt zum Stehen gekommen, weil sie dessen Motor abgewürgt habe. Dabei habe es sich um einen eklatanten Fahrfehler gehandelt.

Andererseits habe der Beklagte ein plötzliches Stoppen der Vorausfahrenden nicht völlig ausschließen dürfen. Er habe insbesondere bei einem Anfahrvorgang einen ausreichenden Abstand zu dem Fahrzeug vor ihm einhalten müssen. Denn bei solchen Vorgängen würden sich die Sicherheitsabstände erst allmählich aufbauen. In der Gesamtschau haften laut Gericht daher beide Unfallbeteiligte je zur Hälfte.

Verweis auf 20 Kilometer entfernte Werkstatt ist unzumutbar

Im Rahmen der Schadenregulierung wollte der Kfz-Haftpflichtversicherer des Auffahrenden die Frau auf eine nicht markengebundene Fachwerkstatt verweisen. Doch auch dem wollte das Gericht nicht folgen.

In dem Urteil heißt es dazu in aller Deutlichkeit: „Was den Versuch der Beklagten anlangt, die Klägerin auf die billigeren Preise einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt zu verweisen, kann sich das Gericht die ansonsten üblichen umfangreichen Ausführungen schlicht sparen. Denn die angepriesene Alternative ist deutlich über 20 Kilometer vom Wohnort der Klägerin entfernt.

Es ist absolut unzumutbar, von einer Geschädigten zu erwarten, dass sie ihr verunfalltes Fahrzeug einmal quer durch die Stadt nach auswärts transportiert, sich dann mit dem öffentlichen Nahverkehr zurück quält und dann beim Abholen des hoffentlich dann gleichwertig reparierten Fahrzeugs sich der gleichen Tortur unterzieht.

Dass dies in Zeiten der Energiekriese und des Klimawandels unter Nachhaltigkeits- und Klimaschutzaspekten eine geradezu absurde Vorstellung ist, muss man kaum erwähnen. Im Rahmen ihrer Schadenminderungs-Pflicht war die Klägerin also definitiv nicht gehalten, von dem alternativen Angebot der Beklagten Gebrauch zu machen.“

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