Stationäre Pflege: Eigenanteil steigt deutlich

(verpd) Seit Anfang dieses Jahres gibt es für alle ab Pflegegrad 2, die stationär gepflegt werden, einen Vergütungszuschlag, der von der bisherigen Pflegedauer abhängt. Dennoch muss aktuell ein Pflegebedürftiger für das erste Jahr einer stationären Pflege im Schnitt rund 2.440 Euro im Monat aus der eigenen Tasche hinzuzahlen. Das ist ein neuer Höchststand. Nicht zuletzt die Anhebung der Löhne für die Pflegekräfte haben laut einer Datenauswertung eines Wissenschaftlichen Instituts zu einer massiven Erhöhung der Pflegekosten geführt.

Die Leistungen, die von der gesetzlichen (sozialen) Pflegeversicherung (SPV) für einen Pflegebedürftigen, der eine stationäre Pflege erhält, gezahlt werden, sind seit 2017 nahezu gleichgeblieben – mit Ausnahme eines in 2022 eingeführten Leistungszuschlages. Deutlich verändert haben sich dagegen die tatsächlich anfallenden Pflegekosten und damit auch der Eigenbetrag, den ein Pflegebedürftiger im Schnitt selbst tragen muss.

Dies belegt auch eine kürzlich veröffentlichte Datenauswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Laut dieser regelmäßig durchgeführten Analyse auf Basis der Daten von fast allen der aktuell rund 11.000 Pflegeheime, die eine stationäre Pflege anbieten, haben sich die Kosten für eine Heimunterbringung im Vergleich zum Vorjahr seit 2018 noch nie so stark verändert wie vor Kurzem.

Allein der Eigenanteil, den ein Pflegebedürftiger ausschließlich für die Pflegeleistungen im Rahmen einer stationären Pflege übernehmen muss, dazu zählen auch die Lohnkosten für das Pflegepersonal, war Mitte November 2022 um 21,5 Prozent höher als vor einem Jahr. Gestiegen sind aber auch alle anderen Kosten, die der Betroffene zu tragen hat. Aktuell muss laut WIdO ein Pflegebedürftiger im Schnitt 2.438 Euro pro Monat für das erste Jahr in einem Pflegeheim selbst tragen.

Was die Pflegekasse übernimmt und was nicht

Die SPV zahlt für eine vollstationäre Pflege eines Pflegebedürftigen je nach Pflegegrad einen monatlichen Pauschalbetrag für die Pflege, Betreuung und medizinische Behandlung. Seit 2017 sind das bis zu 125 Euro bei Pflegegrad 1, 770 Euro bei Pflegegrad 2, 1.262 Euro bei Pflegegrad 3, 1.775 Euro bei Pflegegrad 4 und 2.005 Euro bei Pflegegrad 5 pro Monat.

Der Eigenanteil, den ein Pflegebedürftiger für eine stationäre Pflege zusätzlich zu den SPV-Leistungen zahlen muss, setzt sich zum einen aus den Kosten für die Unterkunft und die Verpflegung sowie den Investitionskosten des Pflegeheims zusammen. Letztere enthalten zum Beispiel die Wartungskosten für das Gebäude und technische Anlagen, die das Heim anteilig auf die Bewohner umlegen kann.

Die beiden Kostenbereiche „Unterkunft und Verpflegung“ sowie „Investitionen“ muss ein Pflegebedürftiger allein übernehmen. Zudem hat er einen Teil der pflegebedingten Kosten zu tragen, da die Pauschalleistungen der SPV hierfür nicht ausreichen. Konkret handelt es sich hier um den sogenannten einrichtungs-einheitlichen Eigenanteil (EEE), der für alle stationär betreuten Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 bis 5 je Pflegeheim gleich hoch ist.

Seit 2022 gewährt die SPV zusätzlich zu den Pauschalleistungen einen von der bisherigen Dauer der stationären Pflege abhängigen Leistungszuschlag zur EEE. Damit werden die Kosten der EEE, die der Pflegebedürftige zu tragen hat, bis Ende des ersten Jahres der stationären Pflege um fünf Prozent, bis Ende des zweiten Jahres um 25 Prozent, bis Ende des dritten Jahres um 45 Prozent und nach dem Ende des dritten Jahres um 70 Prozent gekürzt.

Plus 21,5 Prozent beim einrichtungs-einheitlichen Eigenanteil

Wie bereits erwähnt, stieg der EEE bis Mitte November im Vergleich zum Vorjahr um 21,5 Prozent. Im gleichen Zeitraum haben sich aber auch die Kosten für die Unterkunft und die Verpflegung um 5,1 Prozent und für die Investitionskosten um 4,4 Prozent erhöht, wie die Auswertungen der WIdO ergaben.

Dies ist seit 2018 der bisher höchste Anstieg innerhalb eines Jahres in allen drei Kostenbereichen, die der Pflegebedürftige teilweise oder komplett tragen muss.

Erhöhung der Kostenbereiche*, die ein Pflegebedürftiger** für die stationäre Pflege zu tragen hat

Vergleichszeitraum***

Einrichtungs-einheitlicher Eigenanteil (EEE)

Kosten für Unterkunft und die Verpflegung

Investitionskosten

2017 auf 2018

10,5%

2,2%

1,1%

2018 auf 2019

14,0%

3,1%

0,9%

2019 auf 2020

13,0%

2,9%

1,1%

2020 auf 2021

13,3%

3,1%

2,0%

2021 auf 2022

21,5%

5,1%

4,4%

Eigenbetrag im ersten Jahr der Pflege: 2.440 Euro je Monat

Berücksichtigt man den 2022 eingeführten Leistungszuschlag, muss der Pflegebedürftige laut des WIdO jeden Monat bis Ende des ersten Jahres im Schnitt 2.438,39 Euro selbst tragen. Den Großteil davon stellen trotz des Leistungszuschlages der SPV die Kosten für den EEE dar, nämlich 1.134,74 Euro. Hinzu kommen noch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung in Höhe von 836,00 Euro sowie 467,65 Euro für Investitionskosten.

Durchschnittlicher Eigenanteil* eines Pflegebedürftigen** für die stationäre Pflege in Euro

bisherige Dauer der stationären Pflege

Einrichtungs-einheitlichen Eigenanteil (EEE)***

Unterkunft und Verpflegung

Investitionskosten

Gesamt

1. bis 12. Monat

1.135

836

468

2.438

13. bis 24. Monat

896

836

468

2.200

25. bis 36. Monat

657

836

468

1.961

ab 37. Monat

358

836

468

1.662

Insgesamt hat sich damit die gesamte Eigenbeteiligung, die aktuell ein Pflegebedürftiger ab Pflegestufe 2 im ersten Jahr einer stationären Pflege im Schnitt selbst zu zahlen hat, trotz des in 2022 eingeführten Leistungszuschlages gegenüber dem Vorjahr um fast zehn Prozent erhöht. Ohne den Leistungszuschlag würde die Erhöhung im ersten Jahr sogar bei über zwölf Prozent liegen.

Doch egal ob mit oder ohne Leistungszuschlag, das ist seit 2017 der bisher größte Anstieg: Von 2017 auf 2018 stieg die Höhe des Eigenbetrages für einen Pflegebedürftigen in der stationären Pflege noch um unter fünf Prozent, von 2018 auf 2019 sowie von 2019 auf 2020 um jeweils nicht ganz sieben Prozent und von 2020 auf 2021 um knapp über sieben Prozent.

Die Gründe für den Kostenanstieg

Ein Hauptgrund für die deutliche Erhöhung der Pflegekosten sieht der AOK Bundesverband darin, dass seit 1. September 2022 die Pflegeeinrichtungen hierzulande ihr Pflegepersonal mindestens auf Tarifniveau bezahlen muss.

„Aufgrund der Konstruktion der Pflegeversicherung als Teilleistungssystem werden etwa 60 Prozent der zusätzlichen Kosten infolge der höheren Löhne an die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen weitergereicht, den Rest trägt die finanziell ohnehin angeschlagene Soziale Pflegeversicherung über die neu eingeführten Zuschläge“, verdeutlicht Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes.

Der Verband befürchtet zudem, dass in den nächsten Wochen und Monaten mit weiteren Kostensteigerungen in der Pflege auch wegen der allgemeinen Preisentwicklung wie der Erhöhung der Energie- und Nahrungsmittelpreise zu rechnen ist.

Frühzeitige Vorsorge entlastet auch die Angehörigen

Wie die WIdO-Datenauswertung belegt, übernimmt die gesetzliche Pflegeversicherung nur einen Teil der Kosten für eine stationäre Pflege. Doch auch bei einer ambulanten Pflege muss ein Pflegebedürftiger mit einer finanziellen Belastung rechnen, da auch hier die Leistungen der SPV nicht ausreichen.

Daher sollte man beispielsweise mit einer privaten Pflegezusatz-Versicherung entsprechend vorsorgen, um nicht zum Sozialhilfefall zu werden und/oder zur finanziellen Belastung der unterhaltspflichtigen Angehörigen. Möglich ist dies mit einer privaten Pflegezusatz-Versicherung, die je nach Vertragsgestaltung auch staatlich gefördert wird.

Reicht das eigene Einkommen und Vermögen zusammen mit den Leistungen der SPV nämlich nicht aus, um die Pflegekosten zu decken, sind der Ehepartner und/oder unter Umständen auch die eigenen Kinder verpflichtet, einen Teil der restlichen Pflegekosten zu tragen.

Denn nach dem Angehörigen-Entlastungsgesetz ist zwar ein Kind oder ein Elternteil seit 2020 normalerweise nicht zur Übernahme der Pflegekosten verpflichtet, wenn dessen Bruttojahreseinkommen maximal 100.000 Euro beträgt. Diese Regelung gilt jedoch nicht für den Ehepartner des Pflegebedürftigen.

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