Rote Karte für Rausschmiss eines Mitarbeiters

(verpd) Ein Arbeitgeber kündigt ein Arbeitsverhältnis fristlos, weil er meint, dass ihm die Fortsetzung nicht zuzumuten sei. In einem derartigen Fall verhält er sich widersprüchlich, wenn er dem Beschäftigten gleichzeitig die Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen während des Kündigungsschutz-Prozesses anbietet. Eine tatsächliche Vermutung spricht dann dafür, dass das Beschäftigungsangebot nicht ernst gemeint ist. So entschied das Bundesarbeitsgericht in einem jüngst getroffenen Urteil (5 AZR 255/22).

Ein Mann war bei einer Firma seit dem 16. August 2018 als technischer Leiter im Angestelltenverhältnis beschäftigt. Sein Monatsgehalt betrug 5.250 Euro brutto.

Mit Schreiben vom 2. September 2019 sprach der Arbeitgeber eine fristlose Änderungskündigung aus. Demnach sollte der Arbeitnehmer als Softwareentwickler zu einem monatlichen Gehalt von 3.750 Euro weiterbeschäftigt werden. Für den Fall der Ablehnung der außerordentlichen Kündigung oder aber der Annahme des Angebots wurde der Mann am 5. Dezember 2019 zum Arbeitsantritt erwartet.

Rechtswidrige Kündigungen

Das Angebot nahm der Beschäftigte nicht an. Er erschien auch nicht zur Arbeit. Dies nahm der Arbeitgeber zum Anlass, ihm mit Schreiben vom 14. Dezember 2019 erneut und zwar außerordentlich zum 17. Dezember des Jahres zu kündigen. Falls der Mitarbeiter auch das nicht akzeptiere, müsse er am gleichen Tag pünktlich seinen Dienst antreten.

Doch auch dass lehnte der Mann ab. Er zog stattdessen gegen die Kündigungen vor das Arbeitsgericht. Das stellte rechtskräftig fest, dass beide Entlassungen rechtswidrig waren und das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hatten.

Weiterbeschäftigung nicht zumutbar

Der Kläger machte gleichzeitig geltend, dass sich sein Arbeitgeber aufgrund der unrechtmäßigen Kündigungen im Annahmeverzug befunden habe. Er schulde ihm daher bis zur Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses sein ursprüngliches Gehalt.

Im Übrigen sei auch ihm eine Weiterbeschäftigung nicht zumutbar. Denn der Arbeitgeber habe ihm zur Begründung der fristlosen Kündigung in umfangreichen Ausführungen zu Unrecht mannigfaches Fehlverhalten vorgeworfen und seine Person herabgewürdigt. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass er das mit der Änderungskündigung verbundene Weiterbeschäftigungs-Angebot nicht ernst gemeint habe.

Arbeitgeber im Annahmeverzug

Anders als das zuvor mit dem Fall befasste Sächsische Landesarbeitsgericht, schloss sich das Bundesarbeitsgericht der Argumentation des Beschäftigten an. Es gab der Revision gegen das klageabweisende Urteil der Vorinstanz statt.

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts befand sich der beklagte Arbeitgeber aufgrund seiner unwirksamen fristlosen Kündigungen im Annahmeverzug. Eines Arbeitsangebots durch seinen Mitarbeiter habe es daher nicht bedurft.

Weiterbeschäftigungs-Angebot nicht ernst gemeint

Aufgrund der gegen den technischen Leiter erhobenen Vorwürfe sei der Beklagte nämlich offenkundig davon ausgegangen, dass ihm dessen Weiterbeschäftigung nicht zuzumuten gewesen sei. Sein Verhalten spreche daher dafür, dass das von ihm ausgesprochene Weiterbeschäftigungs-Angebot nicht ernst gemeint gewesen sei. Es sei vielmehr als widersprüchlich zu werten.

Im Übrigen spreche die Tatsache, dass der Kläger das Angebot nicht angenommen habe, nicht gegen seinen Leistungswillen. Aufgrund der zu Unrecht von dem Arbeitgeber erhobenen Vorwürfe und der Herabwürdigung seiner Person sei ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses letztlich aber nicht zuzumuten gewesen.

Wie der Fall zeigt, ist nicht immer eine Jobkündigung durch den Arbeitgeber rechtens. Daher kann der Weg vor das Arbeitsgericht für den Arbeitnehmer durchaus sinnvoll sein. Doch bei Arbeitsrechtsverfahren muss jede Streitpartei – auch diejenige, die den Rechtsstreit gewinnt – die eigenen Prozess- und Anwaltskosten selbst bezahlen.

Arbeitnehmer, die eine Privatrechtsschutz-Versicherung haben, bei der ein Berufsrechtsschutz enthalten ist, entgehen jedoch diesem Kostenrisiko, wenn der Rechtsschutz-Versicherer vorher eine Leistungszusage gegeben hat.

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