„Rechts vor links“ gilt auf Parkplätzen nicht immer

(verpd) Auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen gilt die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ nur dann, wenn den Fahrspuren zum Beispiel durch die bauliche Gestaltung ein eindeutiger Straßencharakter zukommt. In allen anderen Fällen haben sich die Fahrer gegenseitig zu verständigen. Das geht aus einem kürzlich bekannt gewordenen Urteil des Bundesgerichtshofs hervor (VI ZR 344/21).

Zwei Autofahrer kollidierten auf einem öffentlichen Parkplatz eines Lübecker Baumarkts. Während ein Unfallbeteiligter kurz vor dem Unfall im Bereich eines Fahrweges von rechts kam, fuhr der andere von links heran.

Der von rechts Kommende war der Meinung, dass er wegen § 8 Absatz 1 StVO (Straßenverkehrsordnung) „rechts vor links“ einen Anspruch auf den vollständigen Ersatz seines Schadens habe und verklagte den Unfallgegner entsprechend.

Dagegen ging der Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallgegners von einem gegenseitigen Verschulden der Beteiligten aus. Er wollte sich daher nur zur Hälfte an den Aufwendungen des anderen beteiligen.

Streit um Haftungsquote

Das Lübecker Amtsgericht ging hingegen von einer Haftungsquote von 70 Prozent zu 30 Prozent zu Lasten des Beklagten aus. Das begründete das Gericht damit, dass dieser angesichts der schwierigen Sichtverhältnisse auf den Einmündungsbereich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme deutlich schneller als der Kontrahent gefahren sei.

Auf die Vorfahrtsregelung „rechts vor links“ komme es hingegen nicht an. Dieser Meinung schloss sich das Lübecker Landgericht an. Es wies die Berufung des Klägers als unbegründet zurück. Der beharrte jedoch darauf, dass ihm der vollständige Ersatz seines Schadens zustehe. Der Fall landete daher vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Doch auch dort erlitt der Kläger eine Niederlage.

Nach Ansicht des BGH gilt die Straßenverkehrsordnung grundsätzlich auch auf privaten Parkplätzen, wenn diese wie in dem entschiedenen Fall der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. „Rechts vor links“ komme aber nur dann in Betracht, wenn Fahrspuren auf dem Parkplatz, zum Beispiel durch ihre bauliche Gestaltung, ein eindeutiger Straßencharakter zukomme.

Fahrgassen von Straßencharakter ausgenommen

Ein derartiger Straßencharakter gelte hingegen nicht für die Fahrgassen eines Parkplatzes. Auf denen hätten sich die Verkehrsteilnehmer untereinander zu verständigen.

Denn die Gassen dienten nicht einer möglichst zügigen Abwicklung des fließenden Verkehrs, „sondern der Erschließung der Parkmöglichkeiten durch Eröffnung von Rangierräumen und der Ermöglichung von Be- und Entladevorgängen, wobei die Fahrbahnen regelmäßig sowohl von Kraftfahrern als auch Fußgängern genutzt werden“, so der Bundesgerichtshof.

Der Sicherheit sei es in der typischen, durch Ablenkungen vom Verkehrsfluss geprägten Situation auf einem Parkplatz dienlicher, wenn Autofahrer aufeinander Rücksicht nehmen und sich über die Vorfahrt verständigen. Auch wenn damit gerechnet werden müsse, dass sich ein von rechts kommender Fahrzeugführer irrigerweise für vorfahrtsberechtigt halte, sie das kein Grund, ihn zu privilegieren.

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