Parkunfall: Rückfahrkamera entscheidet vor Gericht

(verpd) Wer beim Rückwärtsfahren aus einer Parklücke trotz Rückfahrkamera den fließenden Verkehr nicht beachtet, haftet im Fall eines Unfalls in der Regel allein. Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts München hervor (Az.: 10 U 1833/21).

Ein Mann war mit seinem Pkw auf einem öffentlichen Parkplatz unterwegs, als ein anderer mit seinem Auto rückwärts aus einer Parklücke ausparkte. Obwohl Ersterer langsam fuhr, konnte er eine Kollision mit dem Rückwärtsfahrenden nicht vermeiden.

Die Beteiligten wiesen sich gegenseitig die Schuld an dem Unfall zu. So landete der Fall schließlich vor dem Landgericht Landshut. Dies war der Meinung, dass der Autofahrer, dessen Pkw vom rückwärts ausparkenden Fahrzeug beschädigt wurde, zumindest aus der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs haftet. Die Richter sprachen ihm daher lediglich einen Ersatz seines Schadens in Höhe von 75 Prozent zu.

Kein eindeutiger Straßencharakter

Zu Unrecht, befand das von dem Betroffenen in Berufung angerufene Münchener Oberlandesgericht. Es gab dem Rechtsmittel in vollem Umfang statt.

Nach der Beweisaufnahme war das Berufungsgericht überzeugt, dass sich der Unfall nicht auf einem öffentlichen Parkplatz mit eindeutigem Straßencharakter ereignet hatte. Daher komme zunächst einmal nicht Paragraf 9 Absatz 5 StVO (Straßenverkehrsordnung) mit seinen besonderen Regeln zum Rückwärtsfahren, sondern Paragraf 1 Absatz 2 StVO zur Anwendung.

Danach habe sich ein Verkehrsteilnehmer so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als unvermeidbar behindert oder belästigt werde. Paragraf 9 StVO sei in dem entschiedenen Fall lediglich zur Konkretisierung der Pflichten gemäß Paragraf 1 StVO zu berücksichtigen.

Beklagter haftet allein

Hätte sich der Beklagte beim Rückwärtsfahren ausreichend nach hinten orientiert und dabei auch einen Blick auf die Rückfahrkamera seines Fahrzeugs geworfen, wäre der Unfall auch nach den Aussagen eines befragten Sachverständigen für ihn vermeidbar gewesen. Er hatte aber ausgesagt, nur wegen des Hupens des Klägers angehalten zu haben.

Daraus schlossen die Richter, dass der Mann sich während des Rückwärtsfahrens weder umgedreht noch alternativ auf den Bildschirm der Kamera geschaut hatte. Im Rahmen der Abwägung der jeweiligen Verursachungsbeiträge trete im Hinblick auf den schweren Verstoß des Beklagten gegen Paragraf 1 Absatz 2 StVO die Haftung des Klägers aus der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs vollständig zurück.

Der Beklagte, also derjenige, der ohne sich umzusehen oder auf die Rückfahrkamera zu schauen rückwärts ausparkte, hafte vielmehr allein. Denn für den Kläger sei der Unfall nicht vermeidbar gewesen. Die Richter sahen keine Veranlassung, ein Rechtsmittel gegen ihre Entscheidung zuzulassen.

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