Mitschuldig trotz Vorfahrt

(verpd) Ein wartepflichtiger Kfz-Fahrer muss sich beim Vorbeifahren an parkenden Fahrzeugen besonders vorsichtig verhalten. Dabei hat er zu gewährleisten, dass er entgegenkommende Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet oder behindert. Das geht aus einem Urteil des Landgerichts Duisburg hervor (Az.: 10 O 85/20).

Zwei Autos waren an einer Engstelle kollidiert. Der Unfall hatte sich auf einer zweispurigen innerstädtischen Straße ereignet. Die Straße war verengt, da auf einer der Fahrbahnen eine Reihe von Fahrzeugen parkte. Es ergab sich nur hin und wieder eine Lücke, in die man zum Ausweichen notfalls einscheren konnte. Die Gegenfahrbahn konnte hingegen ohne Einschränkungen befahren werden.

Auf der befand sich ein Autofahrer mit seinem Wagen, als ihm der Pkw, den eine Frau fuhr, entgegenkam. Diese hatte kurz zuvor eine hinter einem Kleintransporter befindliche Lücke passiert, ohne darin einzuscheren, um dem Mann den ihm zustehenden Vorrang einzuräumen. Sie behauptete, dass sie dessen Fahrzeug erst spät wahrnehmen konnte.

Der Unfall hätte nach ihrer Meinung dennoch verhindert werden können, wenn der andere Autofahrer wie sie mit angemessener Geschwindigkeit und nicht mit nachgewiesenen 45 Stundenkilometern die Straße befahren hätte und sein Vorfahrtsrecht nicht habe erzwingen wollen. Ihrer Ansicht nach treffe daher dem Entgegenkommenden ein Mitverschulden von einem Drittel.

Erkennbare Gefahr

Dem schloss sich das schließlich mit dem Fall befasste Duisburger Landgericht an. Es gab der Regressforderung des Vollkaskoversicherers der Wartepflichtigen im Umfang dieser Quote statt.

Nach Ansicht des Gerichts sei es zwar unstreitig, dass die Wartepflichtige das überwiegende Verschulden an dem Unfall treffe. Ein Idealfahrer hätte aus Sicht des Beklagten trotz seines Vorrangs die Geschwindigkeit seines Fahrzeugs jedoch reduziert und wäre weiter rechts gefahren, um eine Kollision zu verhindern.

Das sei nach den Feststellungen eines Sachverständigen auch möglich gewesen. Im Übrigen hätten sich beide Unfallbeteiligten bei ausreichender Aufmerksamkeit rechtzeitig wahrnehmen können.

Schrittgeschwindigkeit einhalten

Die Pflicht des Beklagten, auf den Vorrang zu verzichten, galt gerade deshalb, weil es der Autofahrerin im Zeitpunkt seines Einfahrens in die Engstelle nicht mehr möglich war, in die Lücke hinter dem Kleintransporter einzufahren. Das sei nach den Feststellungen des Sachverständigen auch für den Beklagten erkennbar gewesen, so das Gericht.

Für die Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs gelte, dass insbesondere dann, wenn an einer unübersichtlichen Engstelle Gegenverkehr nicht erkennbar ist, nur mit größter Vorsicht an einem Hindernis unter Nutzung der Gegenfahrbahn vorbeigefahren werden dürfe.

Gegebenenfalls sei Schrittgeschwindigkeit einzuhalten, so dass – taucht ein entgegenkommendes Fahrzeug auf – sofort angehalten werden könne.

Die Folgen einer Teilschuld

Wird einem Unfallbeteiligten wie im genannten Fall eine Teilschuld am Unfall angerechnet, erhält er den Schaden seines beschädigten Wagens nur teilweise (anteilig) bezahlt und muss die Restkosten aus der eigenen Tasche begleichen. Kostenschutz bietet hier eine bestehende Vollkasko-Versicherung für den Pkw. Sie zahlt nämlich unter anderem für Unfallschäden am Fahrzeug, für die ein anderer nicht oder nur anteilig haftet.

Wer jedoch die eigene Vollkaskoversicherung in Anspruch nimmt, muss mit einer Schlechterstellung des Schadenfreiheitsrabatts (SFR) in der Vollkasko und damit im nächsten Jahr mit einem höheren Kfz-Versicherungsbeitrag rechnen. Ob es günstiger ist, einen (Rest-)Schaden am eigenen Pkw aus der eigenen Tasche zu zahlen, kann im Fall des Falles beim Kaskoversicherer oder beim Vermittler erfragt werden.

Bei einer Teilschuld muss zudem die eigene Kfz-Haftpflichtversicherung anteilig die Schadenkosten des oder der anderen mitschuldigen Unfallbeteiligten übernehmen. Deswegen kommt es auch hier, egal ob man einen Unfall allein oder nur zum Teil mitverursacht hat, im darauffolgenden Kalenderjahr meist zu einer Schlechterstellung des SFR in der Kfz-Haftpflichtversicherung und unter Umständen zu einer Beitragserhöhung.

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