(verpd) In 363 von 401 Stadt- und Landkreisen sowie kreisfreien Städten wäre Wohneigentum für den durchschnittlichen Haushalt finanzierbar, so eine Musterrechnung eines Finanzinstituts. Das gilt allerdings nicht mehr für die sieben deutschen Metropolen und ihre Speckgürtel, hier klettern die Preise weiter nach oben. In Regionen, wo Kaufen realistisch ist, sollten Interessenten den eventuellen Wertverlust einpreisen.
Wohnen dürfte für viele private Haushalte in den Ballungsgebieten der größte monatliche Kostenblock sein. Wie viel vom Einkommen für Miete oder die Finanzierung des Eigenheims abgeht und welcher Betrag überhaupt sinnvoll ist, wurde in einer Studie, dem „Wohnatlas 2021“ der Postbank, eine Niederlassung der Deutschen Bank AG, untersucht.
Die Experten vergleichen in ihrer aktuellen Studienfolge bundesweit die Kosten für den Kauf einer regionalen Immobilie zu den Mietpreisen vor Ort. Der „Wohnatlas“ ist eine jährlich erscheinende, mehrteilige Studienreihe, die den deutschen Immobilienmarkt unter verschiedenen Aspekten regional bis auf Kreisebene untersucht. Die vorliegende Auswertung wurde im Auftrag des Finanzinstituts von der Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut gGmbH (HWWI) für 401 kreisfreie Städte und Landkreise erstellt.
Die Antwort auf die Frage „Kaufen oder Mieten?“ fällt nach Auswertung der Studienautoren regional sehr unterschiedlich aus. Sie basiert auf einer Modellrechnung für eine 70-Quadratmeter-Bestandswohnung. Vorgabe der Experten ist, dass die Immobilie oder die regionale Nettokaltmiete nicht mehr als 30 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens kosten sollte.
Für die Finanzierung der eigenen vier Wände kalkulierten die Experten mit einem Zinssatz von 2,45 Prozent, einer Anfangstilgung von vier Prozent und 20 Prozent Eigenkapital. Nebenkosten für Grunderwerbsteuer, Notar oder Umbauten haben sie nicht berücksichtigt.
Nach der Auswertung wäre 2020 der Kauf einer 70-Quadratmeter-Bestandswohnung in 363 von 401 Kreisen und kreisfreien Städten für einen Haushalt mit einem regionalen Durchschnittseinkommen „finanzierbar gewesen“, so die Autoren des Wohnatlas. Im Vorjahr waren es noch 379 Kreise und Städte, die für einen Immobilienerwerb infrage kamen.
Allerdings gibt es Einschränkungen: In 38 deutschen Regionen, in denen immerhin ein Fünftel der Bürger mit oder ohne Familie lebt, gehen im Schnitt mehr als 30 Prozent des verfügbaren Einkommens für die laufende Kreditfinanzierung vom Konto ab. Und die Marke von 30 Prozent ist längst nicht mehr in allen Regionen realistisch. Mit höheren Belastungen von mehr als 40 Prozent müssen Haushalte in München, Berlin, Frankfurt und Hamburg sowie die Landkreise Nordfriesland, Miesbach, Garmisch-Partenkirchen und Aurich kalkulieren.
Die HWWI-Modellrechnung zeigt, dass die Belastungen im Jahr 2020 gegenüber dem Vergleichszeitraum, 2019, dem Jahr vor Corona, deutlich gestiegen sind. Im Durchschnitt über alle Landkreise und kreisfreie Städte mussten die Bürger im vergangenen Jahr 14,2 Prozent (2019: 13,4 Prozent) des Haushaltseinkommens für Miete aufbringen und 19,6 Prozent (2019: 17,0 Prozent) für die Finanzierung einer Eigentumswohnung zahlen.
Interessenten, die in den kommenden Monaten eine Immobilie kaufen möchten, stehen vor diversen Hürden. Die Baukosten und Preise für Materialien steigen, die Inflationsrate lag im Juni bei 2,1 Prozent und im Juli sogar bei 3,8 Prozent, die hohe Nachfrage trifft auf ein knappes Angebot; zusätzlich zogen die Zinsen leicht an. Diese Faktoren treiben die Preise für Käufer nach oben, wie auch eine Auswertung von Immoscout24, einer Marke der Immobilien Scout GmbH, für das erste Halbjahr 2021 zeigte.
Stadt |
Anteil Finanzierung Kauf** |
Anteil Miete*** |
Einkommen* |
---|---|---|---|
*Verfügbares Einkommen des Landkreises oder der kreisfreien Stadt geteilt durch die Anzahl der Haushalte im Landkreis oder der kreisfreien Stadt; **Kauf einer 70-Quadratmeter-Wohnung im Bestand; ***Anteil durchschnittliche Nettokaltmiete für eine 70-Quadratmeter-Wohnung; Stand: 23. Juli 2021. Quellen: MB Research, Value AG (Empirica-Systeme Marktdatenbank), Statistisches Bundesamt, Berechnungen HWWI |
|||
München |
54,0 Prozent |
27,2 Prozent |
57.598 Euro |
Berlin |
47,4 Prozent |
23,1 Prozent |
37.924 Euro |
Frankfurt am Main |
43,7 Prozent |
24,2 Prozent |
50.026 Euro |
Hamburg |
42,9 Prozent |
21,6 Prozent |
46.859 Euro |
Stuttgart |
34,7 Prozent |
23,5 Prozent |
50.360 Euro |
Düsseldorf |
33,1 Prozent |
19,2 Prozent |
49.447 Euro |
Köln |
32,9 Prozent |
21,6 Prozent |
46.795 Euro |
Besonders deutlich zeigt sich die oben skizzierte Entwicklung in Deutschlands sieben Großstädten. Die Nettokaltmieten für eine 70-Quadratmeter-Bestandswohnung blieben auch 2020 in allen Städten unterhalb der 30-Prozent-Grenze. Für die Finanzierung von Wohneigentum in den Metropolen ist diese Marke aber Schnee von gestern. Die Münchener liegen mittlerweile beim Kauf über 50 Prozent, die in eine Immobilie fließen und das obwohl hier rein statistisch auch die höchsten Gehälter gezahlt werden.
Große Unterschiede zwischen Kauf- und Mietbelastung fallen in München und Berlin auf. Während Mieter in der bayerischen Landeshauptstadt und der Hauptstadt an der Spree durchschnittlich rund 27 beziehungsweise 23 Prozent ihres Einkommens für ihre 70-Quadratmeter-Wohnung zahlen, müssen Käufer einen etwa doppelt so hohen Anteil einkalkulieren.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass Immobilienkäufer besonders in Ballungsräumen mit einer im Vergleich zum Einkommen anteilig höheren finanziellen monatlichen Belastung rechnen müssen als in der Vergangenheit.
Die HWWI-Modellrechnung zeigt aber auch, dass es 2020 noch 54 Regionen gab, in denen Eigentümer gegenüber Mietern finanziell im Vorteil waren. Die größten Abschläge für Käufer bieten ostdeutsche Kreise. Erst auf Rang 20 der Regionen mit den größten Vorteilen für Interessenten folgt mit Goslar der erste westdeutsche Kreis.
Dort mussten Verbraucher für die Finanzierung einer Immobilie im vergangenen Jahr im Schnitt 10,3 Prozent ihres Haushaltseinkommens einplanen, während für die Miete 13,2 Prozent anfielen. Bei diesen vermeintlichen Schnäppchen wie beispielsweise in Goslar sollten Interessenten aber auch einen eventuellen Wertverlust bedenken, warnt Postbank-Expertin Grunwald.
In westdeutschen Städten ab 100.000 Einwohnern kommen Käufer nur noch in Gelsenkirchen und Salzgitter günstiger weg als Mieter. Unter fünf Prozent Aufschlag bleiben Interessenten in Städten wie Bremerhaven, Duisburg oder Oberhausen. Hier gibt es kaum höhere Belastungen durch die Finanzierung als für die Miete. Ähnliches gilt für Chemnitz in Sachsen, Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt Magdeburg, Kaiserslautern und Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz, Wolfsburg und Osnabrück in Niedersachsen, Pforzheim in Baden-Württemberg sowie Bremen.
Wie der Wohnatlas der Postbank hat auch die Stiftung Warentest im Juli Immobilienpreise und Mieten für insgesamt 160 Städte und Landkreise analysiert. Der Trend: Die Preise steigen für Käufer weiter, die Mieten legen nur noch leicht zu. Schnäppchen gibt es für Interessen vor allem in Ostdeutschland, in den Großstädten wird es eng.
Bei den Prognosen beschränkt sich Finanztest in dem vorliegenden Bericht auf das Jahr 2021. In zahlreichen Städten und Kreisen rechnen die Autoren aufgrund der hohen Nachfrage mit einem Anstieg der Preise von vier Prozent und mehr.
Eine Trendwende prognostiziert dagegen die Deutsche Bank AG. Das Finanzinstitut geht aufgrund einer Überbewertung von einem Ende des Immobilienbooms im Jahr 2024 aus. Für elf verschiedene Metropolen gibt das Geldhaus aber unterschiedliche Bewertungen ab.
Egal ob Immobilienkauf oder Miete, die Versicherungswirtschaft bietet diverse Lösungen, um das Hab und Gut bedarfsgerecht abzusichern. So kann zum Beispiel der Hausrat über eine Hausratversicherung unter anderem gegen die finanziellen Folgen eines Brand-, Sturm-, Einbruch-Diebstahl- oder Leitungswasserschadens abgesichert werden. Hauskäufer können die Immobilie mit einer Wohngebäude-Police gegen Brand-, Blitz-, Sturm- sowie Hagelschäden versichern.
In beiden Policen können teils gegen Aufpreis, auch Schäden durch Überschwemmung, Erdbeben und sonstige Naturrisiken mitversichert werden. Wie wichtig dieser Zusatzschutz ist, zeigt die verheerende Flutkatastrophe in verschiedenen Regionen Deutschlands im Juli dieses Jahres. Wichtig zudem: Auch mit einer Lebensversicherung lässt sich ein Haus mit einer Zinsbindung von 20 oder sogar 30 Jahren finanzieren, was bei niedrigen Hypothekenzinsen, wie sie derzeit angeboten werden, auf lange Sicht ein erheblicher Vorteil gegenüber Finanzierungen mit kürzeren Zinsbindungen ist.
Besteht bei einem Kreditabschluss bereits eine Risiko- oder Kapitallebens-Versicherung mit einer Todesfallsumme, die der Kreditsumme entspricht, kann diese auch als Sicherheit verwendet werden und es ist keine separate Restschuldversicherung zur Absicherung des Todesfalls notwendig. In vielen Lebensversicherungen kann auch eine Rentenzahlung infolge einer Berufsunfähigkeit mitversichert werden. Dadurch lässt sich das Risiko, dass die Kreditraten wegen finanzieller Schwierigkeiten infolge einer Berufsunfähigkeit nicht mehr beglichen werden können, absichern.