Kurzarbeit: Wenn auch der Jahresurlaub gekürzt werden soll

(verpd) Ein Arbeitgeber ist bei der Anordnung von Kurzarbeit nicht dazu berechtigt, den Jahresurlaub der Betroffenen anteilig im Verhältnis zu den Jahresarbeitstagen zu kürzen. Das gilt zumindest dann, wenn keine Kurzarbeit „Null“ angeordnet wurde. So entschied das Arbeitsgericht Osnabrück in einem aktuellen Urteil (Az.: 3 Ca 108/21).

Beschäftigte eines Betriebes sollten aufgrund einer kurzfristig geschlossenen Betriebsvereinbarung vorübergehend nur noch Kurzarbeit leisten. Dem Arbeitgeber war es nach der Vereinbarung gestattet, die Kurzarbeit vorzeitig und kurzfristig mit einer Ansagefrist von zwei Werktagen zu reduzieren oder zu beenden.

Allerdings galt die angeordnete Kurzarbeit der Betroffenen nur für einen Teil und nicht für die komplette Arbeitszeit. Die Arbeitnehmer konnten also nicht komplett zu Hause bleiben, sondern mussten, wenn auch in einem geringeren Umfang, arbeiten. Eine Kurzarbeit „Null“ ordnete der Arbeitgeber nämlich nicht an. Er rechnete die freie Zeit der Beschäftigten dennoch auf deren Anspruch auf Jahresurlaub an, indem er ihn anteilig kürzte.

Angeordnete Kurzarbeit nicht mit Teilzeittätigkeit vergleichbar

Die betroffenen Beschäftigten hielten die anteilige Kürzung ihrer Urlaubsansprüche für ungerechtfertigt. Ihr Argument: Die angeordnete Kurzarbeit sei nicht mit einer Teilzeittätigkeit vergleichbar, die genutzt werden könne, um sich auszuruhen oder Freizeitaktivitäten nachzugehen.

Die Arbeitnehmer zogen daher gegen ihren Arbeitgeber vor Gericht. Mit Erfolg: Das Osnabrücker Arbeitsgericht gab der Klage statt.

Bei einer Kurzarbeit-Vereinbarung, bei der die Arbeitszeit nicht auf „Null“ herabgesetzt wird, bestehe keine vergleichbare Gesetzeslage zum Teilzeitrecht oder sonstigen andauernden Unterbrechungen der gegenseitigen Leistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis wie etwa bei einem Sabbatical.

Erholungsurlaub eventuell nicht bereits anteilig realisiert

„Wegen der Durchführung von Kurzarbeit nur an einzelnen Tagen statt Kurzarbeit Null sowie der kurzfristigen Einführung wie auch der vorliegenden Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung oder Reduzierung der durchgeführten Kurzarbeit mit einer Ansagefrist von zwei Werktagen ist es verfehlt, einer derartigen Kurzarbeit die gleiche Rechtswirkung zuzusprechen, wie bei einem länger andauernden Ruhen des Arbeitsverhältnisses“, so das Gericht.

In dem entschiedenen Fall könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass Arbeitnehmer bei dieser Art von Kurzarbeit ihren Erholungsurlaub bereits anteilig realisiert haben. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das Gericht eine Berufung zum Landesarbeitsgericht zugelassen. Der Fall zeigt, dass es durchaus sinnvoll sein kann, sich gegen eine nach eigener Ansicht ungerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers zu wehren.

Dabei ist es allerdings wichtig zu wissen, dass bei einem Arbeitsrechtsstreit Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer in der ersten Instanz die eigenen Rechtsanwaltskosten selbst tragen müssen – und zwar unabhängig vom Ergebnis. Wer als Arbeitnehmer eine Privatrechtsschutz-Versicherung besitzt, bei der ein Arbeitsrechtsschutz enthalten ist, entgeht jedoch dem Kostenrisiko. Eine derartige Police übernimmt nämlich die Prozess- inklusive Anwaltskosten auch für derartige Streitigkeiten für den Arbeitnehmer, wenn der Rechtsschutzversicherer vorab eine Deckungszusage erteilt hat.

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