Fahrradunfall wegen Kabel: Wer für die Folgen haftet

(verpd) Radfahrer dürfen ebenso wie die Fahrer von Kraftfahrzeugen nur so schnell fahren, dass sie innerhalb der übersehbaren Strecke jederzeit anhalten können. Verstoßen sie gegen dieses Gebot, trifft sie im Fall eines Unfalls ein Mitverschulden. Das geht aus einem rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichts Hamm hervor (Az.: 7 U 89/20).

Eine Frau war mit ihrem Fahrrad auf einem abschüssigen Radweg unterwegs, als sie im Bereich einer Baustelle wegen eines quer über der Straße liegenden Erdkabels stürzte. Für ihre bei dem Sturz erlittenen Verletzungen sowie die Schäden an ihrem Fahrrad machte sie das Bauunternehmen verantwortlich und verklagte dieses entsprechend.

Laut ihrer Argumentation hätten die Mitarbeiter des Bauunternehmens das Kabel entweder nicht quer über den Radweg verlegen dürfen oder zumindest vor ihm warnen müssen. Dieser Argumentation schloss sich das Hammer Oberlandesgericht an. Es warf der Frau aber vor, ihren Unfall in erheblichem Maße mitverschuldet zu haben.

Sichtfahrgebot gilt auch für Radfahrer

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war das Bauunternehmen damit beauftragt worden, das Erdkabel mithilfe eines Baggers zu bergen. Im Rahmen dieser Arbeiten verlief das Kabel jedoch nicht wie zuvor nur am Rand des Radwegs, sondern vorübergehend teilweise auch quer über diesem. Trotz allem hatten die Bauarbeiter aber weder Sicherungsmaßnahmen getroffen noch vor dem untypischen Verlauf des Kabels gewarnt. Nach Ansicht der Richter hat der Bauleiter damit seine Verkehrssicherungs-Pflicht verletzt.

Eine Pflichtverletzung warf das Gericht jedoch auch der Radlerin vor. Denn ebenso wie motorisierte Verkehrsteilnehmer seien gemäß Paragraf 3 Absatz 1 Satz 4 StVO (Straßenverkehrsordnung) auch Fahrradfahrer dazu verpflichtet, ihre Geschwindigkeit so einzurichten, dass sie innerhalb der übersehbaren Strecke jederzeit anhalten können. Eine Ausnahme gelte nur für Objekte, die erst aus wenigen Metern erkennbar seien. Darauf müssten sich Verkehrsteilnehmer nicht einstellen.

„Insoweit wird das Sichtfahrgebot durch den Vertrauensgrundsatz für solche Hindernisse begrenzt, mit denen der Fahrer unter keinem vertretbaren Gesichtspunkt rechnen muss. Dies betrifft etwa Hindernisse, die wegen ihrer besonderen Beschaffenheit ungewöhnlich schwer erkennbar sind oder deren Erkennbarkeit in atypischer Weise besonders erschwert ist und auf die nichts hindeutet“, heißt es dazu in der Urteilsbegründung.

Leicht erkennbares Kabel

Der Unfall habe sich jedoch auf einer weitgehend gerade verlaufenden Strecke ereignet. Die Klägerin habe die Bauarbeiten nach eigenen Angaben auch wahrgenommen. Trotz allem habe sie das circa 20 Meter quer über den Radweg verlaufende und vier Zentimeter dicke Kabel übersehen. Und das, obwohl das dunkle Kabel auf dem hellen Asphaltbelag des Weges unproblematisch zu erkennen gewesen sei.

Die Frau treffe daher ein hälftiges Mitverschulden mit der Folge, dass das Gericht ihre Ansprüche entsprechend kürzte. Denn der Verursachungsanteil der Radfahrerin und der des Bauleiters seien gleichwertig zu bewerten. Wie der Fall zeigt, haftet nicht immer ein anderer komplett für die Folgen eines erlittenen Unfalles. Auch die gesetzliche Absicherung reicht in der Regel nicht aus, um beispielsweise die finanziellen Mehrkosten und Einkommenseinbußen nach einer unfallbedingten Invalidität abzudecken.

Dieses finanzielle Risiko bei beruflichen und privaten Unfällen lässt sich jedoch zum Beispiel mit einer privaten Unfall-, einer Grundfähigkeits- oder Invaliditäts-Versicherung absichern. Die beiden letztgenannten Policen leisten nicht nur bei unfall-, sondern auch bei krankheitsbedingter Invalidität. Ein Versicherungsvermittler berät auf Wunsch, welche Absicherungslösung im individuellen Fall sinnvoll ist.

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