(verpd) Eine Arbeitnehmerin, die ihre erkrankten und betreuungsbedürftigen Kinder mit zur Arbeit nimmt, weil sie niemanden für deren Betreuung gefunden hat, darf abgemahnt, aber nicht fristlos entlassen werden. Das hat das Arbeitsgericht Siegburg jüngst entschieden (Az.: 3 Ca 642/19).
Eine als Altenpflegefachkraft arbeitende Mutter befand sich noch in der Probezeit, als ihre beiden Kinder erkrankten. Der Arzt, der die Kinder betreute, stellte eine Betreuungsbedürftigkeit der Kinder fest. Die Frau fand allerdings niemanden, der diese Aufgabe während ihrer arbeitsbedingten häuslichen Abwesenheit durchgängig hätte übernehmen können. Daher nahm sie ihre Kinder zeitweise mit zur Arbeit.
Einige Tage später erkrankte die Arbeitnehmerin selbst so schwer, dass sie nicht zur Arbeit kommen konnte. Der Verdacht ihres Arztes, dass sie an einer Grippe erkrankt sei, wurde kurz darauf bestätigt. Wenig später erhielt die Altenpflegerin die fristlose Kündigung von ihrem Arbeitgeber. Der Arbeitgeber begründete dies damit, dass die Beschäftigte gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen habe, als sie ihre kranken Kinder mit zur Arbeit nahm. Die Frau reichte dagegen vor dem zuständigen Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage ein.
Den Kündigungsargumenten des Arbeitgebers wollte das Siegburger Arbeitsgericht zwar nicht widersprechen. Es hielt die fristlose Kündigung dennoch für ungerechtfertigt. Das Verhalten der Klägerin stelle zwar sowohl aus versicherungs-rechtlichen Gründen als auch wegen der bestehenden Ansteckungsgefahr für die älteren Patienten der Pflegeeinrichtung eine arbeitsrechtliche Pflichtverletzung dar.
Nach Ansicht des Gerichts hätte die Klägerin wegen ihres Verhaltens jedoch nur abgemahnt, nicht aber entlassen werden dürfen. Denn ein Grund für eine fristlose Kündigung habe unter den gegebenen Umständen nicht bestanden. Wirklich geholfen hat der Klägerin die Entscheidung des Gerichts nicht. Da sie sich noch in der Probezeit befand, musste ihr Arbeitgeber nämlich lediglich die vereinbarte zweiwöchige Kündigungsfrist einhalten, um sie loszuwerden.
Gerichtsstreit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Arbeitnehmer, die sich von ihrem Arbeitgeber ungerecht behandelt fühlen – beispielsweise, weil sie wie im genannten Fall eine Jobkündigung für ungerechtfertigt halten –, können prüfen lassen, ob das Vorgehen des Arbeitgebers rechtens ist. Wenn man allerdings einen Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht austrägt, müssen der Arbeitnehmer wie auch der Arbeitgeber in der ersten Instanz jeweils ihre eigenen Anwaltskosten selbst tragen – und zwar egal, wer den Prozess gewinnt oder verliert.
Kostenschutz für Arbeitsgerichts-Streitigkeiten bietet für Arbeitnehmer eine bestehende Privat- und Berufsrechtsschutz-Versicherung. Eine solche Police übernimmt im Versicherungsfall nämlich die Kosten für derartige, aber auch für zahlreiche andere Streitigkeiten, wenn der Versicherer vorab eine Deckungszusage erteilt hat. Doch auch ein Arbeitgeber kann sich mit einer Firmenrechtsschutz-Versicherung unter anderem gegen das Kostenrisiko eines Gerichtsstreits vor dem Arbeitsgericht bezüglich Streitigkeiten mit Arbeitnehmern absichern.