Entscheidung, ob Auflösungsvertrag oder fristlose Jobkündigung

(verpd) Ein Aufhebungsvertrag, der unter einem Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande gekommen ist, kann mit Erfolg angefochten werden. Es hängt allerdings von den Umständen des Einzelfalls ab, ob von einem derartigen Verstoß auszugehen ist. So entschied das Bundesarbeitsgericht (6 AZR 333/21).

Eine Angestellte, die ab dem Jahr 2015 als Teamkoordinatorin eines Verkaufsteams beschäftigt gewesen war, wurde im November 2019 unerwartet von dem Geschäftsführer ihres Arbeitgebers zu einem Gespräch gebeten. An dem nahm auch ein Rechtsanwalt für Arbeitsrecht teil.

Die beiden Männer warfen der Klägerin vor, sie habe in der EDV des Unternehmens eigenmächtig Einkaufspreise abgeändert, um so einen höheren Verkaufsgewinn vorzuspiegeln. Ein derartiges Vergehen sei dermaßen schwerwiegend, dass es eine fristlose Entlassung rechtfertige.

Auf die würde man jedoch verzichten, wenn die Beschäftigte nach einer zehnminütigen Bedenkzeit, die sie in Anwesenheit des Geschäftsführers und des Anwalts verbringen müsse, einen vorbereiteten Aufhebungsvertrag unterzeichnen würde.

Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns?

Dieser Auflösungsvertrag sah eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Ende des Monats vor. Ihren Dienstwagen sollte sie bis daher ebenfalls nutzen dürfen. Eine Abfindung sah die Vereinbarung nicht vor. Den Vertrag unterzeichnete die Arbeitnehmerin schließlich.

Nachdem die Frau sich etwas später durch einen Anwalt beraten lassen hatte, hat dieser den Aufhebungsvertrag eine Woche später für sie angefochten. Das begründet der Anwalt damit, dass seine Mandantin die Unterschrift ausschließlich wegen einer widerrechtlichen Bedrohung unterzeichnet habe.

Für den Fall einer Weigerung habe man ihr bedeutet, sie fristlos zu entlassen sowie eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft zu erstatten. Man habe ihr außerdem trotz Bitten keine längere Bedenkzeit eingeräumt. Auch ihrer Bitte, sich vor einer Vertragsunterzeichnung rechtlich beraten zu lassen, habe man nicht entsprochen. Damit habe ihr Arbeitgeber gegen das Gebot des fairen Verhandelns verstoßen.

Schwere des arbeitsrechtlichen Vergehens

Letzterem wollten sich weder das in zweiter Instanz mit dem Fall befasste Landesarbeitsgericht Hamm, noch das von der Klägerin in Revision angerufene Bundesarbeitsgericht anschließen. Die Richter beider Gerichte zeigten sich davon überzeugt, dass der Aufhebungsvertrag nicht widerrechtlich zustande gekommen war.

Angesichts der Schwere des arbeitsrechtlichen Vergehens der Klägerin habe ihr Ex-Arbeitgeber durchaus in Erwägung ziehen dürfen, Strafanzeige zu erstatten und ihr fristlos zu kündigen. Mit Vorlage des Aufhebungsvertrages sei ihre Entscheidungsfreiheit folglich nicht dadurch verletzt worden, dass sie nach einer kurzen Bedenkzeit eine sofortige Entscheidung habe treffen müssen.

Mit Blick auf die Gesamtumstände habe der Arbeitgeber mit seinem Handeln auch nicht gegen das Gebot fairen Verhandelns verstoßen. Die Revision wurde daher als unbegründet zurückgewiesen.

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