(verpd) Der Medizinische Dienst Bund hat im vergangenen Jahr 13.059 Verdachtsfälle gegen Behandler untersucht. In 72 Prozent der Fälle wurden keine Fehler festgestellt. Bei 3.221 Patienten (24,7 Prozent) hatte der Pfusch Folgen. Das am häufigsten betroffene Fachgebiet war „Orthopädie und Unfallchirurgie“ (knapp ein Drittel Anteil).
Vermutet ein Patient einen medizinischen Behandlungsfehler, kann er zwar Ansprüche stellen, muss aber dem Arzt, der Klinik oder der sonstigen Institution deren Verschulden nachweisen.
Die Krankenkassen haben als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung die Pflicht, ihre Versicherten bei der Durchsetzung von Ansprüchen aus Behandlungsfehlern zu unterstützen. Gutachterteams des Medizinischen Dienstes prüfen dazu im Auftrag der Krankenkassen, inwieweit die Vorwürfe von Behandlungsfehlern gerechtfertigt sind.
Der Medizinische Dienst Bund hat kürzlich seine Jahresstatistik 2022 zur Behandlungsfehler-Begutachtung der Gemeinschaft der Medizinischen Dienste vorgelegt.
Demnach hat der Medizinische Dienst im gesetzlichen Auftrag der Krankenkassen im Berichtsjahr 13.059 Verdachtsfälle durch Sachverständige begutachten lassen und damit in etwa gleich viele wie im Jahr zuvor.
Dabei haben sich annähernd drei Viertel der Vorwürfe nicht bestätigt. Konkret wurden in 72 Prozent und damit in 9.374 der Fälle keine Fehler festgestellt. Umgekehrt heißt das, dass bei 28 Prozent der Verdachtsfälle, also 3.698 Behandlungen, Behandlungsfehler festgestellt wurden. Davon sind 477 Fälle folgenlos geblieben, aber bei 3.221 Patienten und damit in fast 25 Prozent aller Verdachtsfälle hatte der Pfusch Folgen.
Davon waren bei zwei Drittel (60,5 Prozent) der begutachteten Fälle die Gesundheitsschäden vorübergehend, das heißt die Patienten wurden wieder gesund, allerdings war vorher eine Intervention oder ein Krankenhausaufenthalt notwendig. Über ein Drittel der Patienten, bei denen Behandlungsfehler Folgen hinterließen, erlitten einen Dauerschaden.
Weiter heißt es vom Medizinischen Dienst: „In drei Prozent der Fälle (84 Fälle) hat ein Fehler zum Versterben geführt oder wesentlich dazu beigetragen.“
Die Kunstfehler-Vorwürfe verteilen sich zu etwa einem Drittel auf die ambulante und zu zwei Dritteln auf die stationäre Versorgung. Das am häufigsten betroffene Fachgebiet war „Orthopädie und Unfallchirurgie“ mit fast einem Drittel aller Verdachtsfälle. Von den 3.960 Fällen in diesem Bereich lag bei 26,4 Prozent ein nachgewiesener Behandlungsfehler vor.
Knapp jeder achte Verdachtsfall betraf das Segment „Innere Medizin und Allgemeinmedizin“ – insgesamt wurden hier von den 1.599 Fällen 21,8 Prozent bestätigt. Jeder elfte gemeldete Fall entfiel jeweils auf die „Frauenheilkunde und Geburtshilfe“ und die „Allgemein- und Viszeralchirurgie“.
Bei 26,2 Prozent der 1.143 Patienten, die im Bereich „Frauenheilkunde und Geburtshilfe“ einen Behandlungsfehler vermuteten, hat sich der Verdacht bestätigt. Im Bereich „Allgemein- und Viszeralchirurgie“ traf dies auf 24,0 Prozent der 1.133 gemeldeten Verdachtsfälle zu.
Jeder 13.te Verdachtsfall betraf die „Zahnmedizin und Kieferorthopädie“ und jeder 15.te die Pflege. Von den 1.006 Fällen im Bereich „Zahnmedizin und Kieferorthopädie“ bestätigte sich mehr als jeder dritte, nämlich 34,4 Prozent. Im Bereich der Pflege lag von allen 834 gemeldeten Fällen sogar bei 62,4 Prozent ein Behandlungsfehler vor.
Die häufigsten Fehlerarten (in jeweils rund vier von zehn Fällen) waren, dass eine indizierte Maßnahme entweder falsch beziehungsweise trotz Möglichkeit, Zumutbarkeit und Verfügbarkeit erst gar nicht durchgeführt wurde.
Bei fast jedem zehnten Missgriff wurde eine erforderliche Maßnahme zwar korrekt, aber zeitlich zu spät durchgeführt. Bei etwa jedem zwölften Fehler wurde eine falsche medizinische Maßnahme oder Operation durchgeführt.
Detaillierte Informationen über die Rechte, die man als Patient hat, wenn man einen Behandlungsfehler vermutet, enthält der zweiseitige Flyer „Was Sie als Patient wissen sollten“, der kostenfrei beim Medizinischen Dienst Bund heruntergeladen werden kann.
Privat Krankenversicherte, so ein Sprecher des Verbands der Privaten Krankenversicherung e.V., sollten sich im Falle einer vermuteten Fehlbehandlung an ihre private Krankenversicherung wenden, um mögliche Unterstützungsmaßnahmen durch den Versicherer zu klären.
Umfassende Auskünfte zum Thema Patientenrechte insgesamt enthält die 86-seitige Broschüre „Ratgeber für Patientenrechte“, die beim Bundesministerium für Gesundheit heruntergeladen werden kann. Ausführungen zum Thema Patientenrechte bietet die Unabhängige Patientenberatung Deutschland GmbH (UPD), die im Auftrag des Gesetzgebers Bürger kostenfrei rund um das Thema Gesundheit und Patientenrechte telefonisch berät.