Chef darf regelmäßige PCR-Testpflicht im Betrieb anordnen

(verpd) Arbeitgeber können zur Umsetzung der sie treffenden arbeitsschutz-rechtlichen Verpflichtungen dazu berechtigt sein, auf Grundlage eines betrieblichen Schutz- und Hygienekonzepts einseitig Corona-Tests anzuordnen. Das hat das Bundesarbeitsgericht jüngst entschieden (Az.: 5 AZR 28/22).

Zum Schutz der Beschäftigten vor einer Covid-19-Erkrankung hatten die Verantwortlichen eines Opernhauses in Zusammenarbeit mit dem Institut für Virologie der Technischen Universität München sowie dem Klinikum rechts der Isar umfangreiche Maßnahmen ergriffen. Dazu gehörte zum Beispiel den Umbau des Bühnenbereichs. Zu dem Konzept gehörte es auch, dass die Orchestermitglieder wie alle anderen Mitarbeiter zu Beginn der Spielzeit zunächst einen negativen PCR-Test vorzulegen hatten.

Danach mussten sie sich in einem regelmäßigen zeitlichen Abstand erneut einem PCR-Test unterziehen. Dazu bot der Dienstherr kostenlose Tests an. Die Beschäftigten konnten ihm auf Wunsch jedoch auch alternativ PCR-Befunde eines von ihnen selbst ausgewählten Anbieters vorlegen. Ohne Vorlage eines negativen Testergebnisses durften die Musiker weder an Aufführungen noch an Orchesterproben teilnehmen. Eine Orchestermusikerin weigerte sich jedoch, der Anordnung Folge zu leisten.

Gehaltszahlungen eingestellt

Nach Ansicht dieser Musikerin stelle die Anweisung ihres Arbeitgebers einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit dar. Zudem seien ihrer Meinung nach anlasslose Massentests unzulässig. Der Arbeitgeber verweigerte der Frau daraufhin nicht nur den Zugang zu ihrem Arbeitsplatz. Er stellte außerdem von Ende August bis Ende Oktober 2020 die Gehaltszahlungen an die Betroffene ein.

Das schien nicht ohne Wirkung zu bleiben. Denn immerhin unterzog sie sich, wenn auch ohne Anerkenntnis einer Rechtsverpflichtung, seit Ende Oktober den geforderten Tests.

Damit war der Fall aber nicht ausgestanden. Die Musikerin zog gegen ihren Dienstherrn vor Gericht. In ihrer Klage forderte sie nicht nur die Nachzahlung der ihr vorenthaltenen Gehaltsanteile, sondern auch hilfsweise eine Vergütung für Zeiten häuslichen Übens. Sie verlangte zudem festzustellen, dass ihr Chef dazu verpflichtet sei, sie künftig ohne Vorlage von PCR-Tests zu beschäftigen.

Erlaubte Weisungen hinsichtlich Ordnung und Verhalten im Betrieb

Damit hatte die Klägerin weder in den Vorinstanzen noch mit ihrer beim Bundesarbeitsgericht eingelegten Revision Erfolg.

Seine Entscheidung begründete das Bundesarbeitsgericht damit, dass ein Arbeitgeber gemäß Paragraf 618 Absatz 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) dazu verpflichtet sei, Arbeitsleistungen, die unter seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass die Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit so weit geschützt sind, als die Natur der Arbeitsleistung es gestatte.

Dazu dürfe er nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung Weisungen hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Beschäftigten im Betrieb erteilen. Sein dabei zu beachtendes Ermessen werde im Wesentlichen durch die Bestimmungen des Arbeitsschutzgesetzes konkretisiert.

Eingriff in die körperliche Unversehrtheit verhältnismäßig

Von diesem Ermessen habe der Arbeitgeber durch seine Anweisung, regelmäßig PCR-Tests vorzulegen, sowie die übrigen zum Schutz der Beschäftigten getroffenen Maßnahmen in erlaubter Weise Gebrauch gemacht. Denn dadurch sollten der Spielbetrieb ermöglicht sowie der Schutz der Mitarbeitergesundheit gewährleistet werden.

Der mit den Tests verbundene minimale Eingriff in die körperliche Unversehrtheit sei verhältnismäßig gewesen.

Auch das Grundrecht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung sei durch die Testanordnung nicht unzulässig verletzt worden. Denn ein positives Testergebnis wäre mit Blick auf die infektionsschutz-rechtlichen Meldepflichten und die Kontaktnachverfolgung ohnehin im Betrieb bekannt geworden.

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